Erziehung als Politik

Erziehung hatte einen hohen Stellenwert in der DDR. Die politische Führung war angetreten, eine neue Gesellschaftsordnung aufzubauen und verstand sich als Vermittlerin von wissenschaftlichen und damit als objektiv richtig angesehenen Grundsätzen. Alle Bürger sollten „vollwertige Mitglieder der sozialistischen Gesellschaft“ werden. Dafür wurde ein neuer Menschentyp gebraucht, der den Marxismus-Leninismus als einzig vernünftige Weltsicht akzeptierte, der seine persönlichen Interessen freiwillig den allgemeinen unterordnete und sich aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligte: die „sozialistische Persönlichkeit“.
Um diese ideologischen Ziele durchzusetzen, schuf die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ein System von Erziehungsprogrammen, in das die Menschen vom Kindergarten bis zur Rente eingebunden wurden.

Wichtigste Erziehungselemente waren die politisch-ideologische Erziehung als theoretische Grundlage, die Arbeitserziehung und das Erlernen bewusster Disziplin als wichtigste politische Tugend. Im Mittelpunkt aller pädagogischen Bemühungen stand die Kollektiverziehung. Das Kollektiv war die „sozialistische Gruppe“, eine kleine, überschaubare Einheit, als Grundzelle der Gesellschaft. Der Einzelne hatte sich dem Kollektiv unterzuordnen. Nicht seine Individualität, sondern allein seine Leistung als Teil des Kollektivs zählte. Jedes Kollektiv hatte sich den staatlichen Organen und den Parteibeschlüssen unterzuordnen. Alle Bürger des sozialistischen Staates sollten die gleichen Ziele verfolgen, sich die gleichen Ideale und Wertvorstellungen aneignen, darin wetteifern. Meinungspluralismus wurde nicht geduldet.

Die gewünschte Einheitlichkeit jedoch war nur mit straffer Ordnung und aufwändiger Kontrolle durchzusetzen, die alle Lebensbereiche – Betriebe, Schulen, Freizeiteinrichtungen – bis ins Detail erfasste.

Dementsprechend war auch Kindererziehung keine Privatangelegenheit. Eltern hatten laut Familiengesetzbuch „eine bedeutende staatsbürgerliche Aufgabe“ zu leisten, sie sollten ihren Kindern sozialistische Moral und staatlich formulierte Wertmaßstäbe vermitteln. Fielen Kinder und Jugendliche negativ auf, etwa durch nonkonformistisches Verhalten, schaltete sich die Jugendhilfe ein. Im Zweifelsfall wurde staatlichen Einrichtungen ein höherer Stellenwert zugemessen als der elterlichen Erziehung.

Margot Honecker beim VIII. Pioniertreffen in Karl-Marx-Stadt, 19. August 1988

Zusammen mit Egon Krenz, Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED und Eberhard Aurich, 1. Sekretär des FDJ- Zentralrats besuchte die Ministerin für Volksbildung das Jungpionierzentrum. Inhaltlich und organisatorisch war sie von 1963 bis November 1989 für alle Erziehungsfragen zuständig ...

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