# 17. NOV 2021 · Digitaler Erinnerungsmoment

zum Jahrestag der letzten Entlassung eines Jugendlichen aus dem Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau

Liebe Betroffene,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich Willkommen zum digitalen Erinnerungsmoment # 17. NOV 1989, der Ihnen, liebe Betroffene, gewidmet ist. Wir danken Ihnen für die langjährige, intensive Zusammenarbeit und Ihr Vertrauen. Ihre Unterstützung beim Aufrechterhalten der Erinnerung bedeutet uns sehr viel. Sie ist der Antrieb für unsere alltägliche Arbeit.

Ihnen allen wünschen wir alles Gute und laden Sie schon jetzt herzlich zum nächsten Heimkindertreffen ein. Mit einem Open-Air-Konzert am 18. Juni 2022 in der Kulturbastion Torgau wollen wir unsere Tradition der jährlichen Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder wieder in Gang setzen. In lockerer sommerlicher Atmosphäre mit ausreichend Raum und Platz für Begegnungen, Gespräche und Imbiss freuen wir uns schon jetzt auf ein Wiedersehen!

Mit herzlichen Grüßen
das Team der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau
 


 

Gruwort_Vorstand_Initiativgruppe_GJWH_Torgau.mp4

 

Mit großer Freude vernahmen wir in diesem Jahr die Berufung von Evelyn Zupke zur ersten Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag. Zum 8. November 2021 übergab sie ihren ersten Bericht an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Darin macht sie auf die dringenden Handlungsbedarfe für die Betroffenen aufmerksam. Auch hat sie die jüngste Opfergruppe der SED-Diktatur im Blick und richtet insbesondere an Sie, liebe Betroffene, ihre Video-Botschaft.

 

Gruwort_Evelyn_Zupke.mp4

 

# 17. NOV 1989

 

Während sich im Herbst 1989 der Protest gegen das SED-Regime formierte, hielt das Personal im Geschlossenen Jugendwerkhof (GJWH) Torgau an seiner repressiven Umerziehungspraxis fest. Weggesperrt in einer ursprünglich als Haftanstalt gebauten Disziplinierungseinrichtung sollten die Jugendlichen zu sozialistischen Persönlichkeiten umerzogen werden.

Vom beginnenden gesellschaftspolitischen Umbruch bekamen die Jugendlichen nur sehr zögerlich Kenntnis. Die sonst zur politischen Erziehung gehörenden Tagespunkte wie Nachrichten abhören oder die Zeitungsschau wurden aus dem Tagesablauf komplett gestrichen. Die genauen Umstände der Auflösung des GJWH sind nicht vollständig rekonstruierbar, eine schriftliche Anweisung ist nicht überliefert. Das Personal wurde telefonisch angewiesen, die Jugendlichen in die Stammeinrichtungen zurückzuführen.

Am 17. November 1989 wurde der letzte Jugendliche aus dem Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau entlassen.

 

Grafik 17 NOV 1989

 

# 17. NOV 2021

 

Aussenansicht_Gedenkstätte GJWH Torgau

 

Als Anlaufstelle für die Betroffenen der repressiven DDR-Heimerziehung bietet die Gedenkstätte GJWH Torgau einen Ort der Begegnung und Gespräche, an dem die mitunter bis heute andauernden Traumata und gebrochenen Biographien der Betroffenen ernst genommen werden.

 


"Mir war es sehr wichtig, nach 42 Jahren hierher zurückzukehren, um Dinge für mein Leben aufzuarbeiten."

"Eigentlich wollte ich mich lediglich vergewissern, ob es tatsächlich Leute gibt, welche die Momente innerer Verzweiflung damaliger DDR-Heiminsassen nachvollziehen können. Und davon habt ihr mich überzeugt."

"Nach 48 Jahren bin ich das erste Mal wieder an diesem schrecklichen Ort. Es hilft mir, das Vergangene zu verarbeiten."

"Hallo Torgau, mein Name ist Andreas Kuke. Ich bin jetzt 55 Jahre alt. Was mich in Torgau geprägt hat, war auf jeden Fall die Tatsache, dass ich keine Gefühle mehr habe, irgendwelchen Sachen gegenüber. Ich kann mich nicht freuen über irgendwelche Geschenke. Weine nicht mehr, wenn jemand gestorben ist, was auch meine Eltern betrifft. Gefühlskalt. Ja, was hat mich noch geprägt in Torgau? Der Hass gegenüber Leuten, die der Meinung sind, sie sind was Besseres, sie haben recht, sie sind was Größeres und vergessen immer wieder, dass sie es nicht sind, dass sie auch nur Menschen sind. Ich hasse es, unterdrückt zu werden. Dementsprechend reagiere ich auch sehr energisch. Ich kann zum Beispiel auf meiner Arbeit, die ich im Wachschutz tätige, nicht mit anderen Leuten zusammenarbeiten. Deswegen habe ich Gott sei Dank durch die Firma ein eigenes Objekt, wo ich alleine bin."

"Hier bleibt Steves Schicksal lebendig."

Stimmen von Betroffenen und Angehörigen


 

Die Dauerausstellung "Ich bin als Mensch geboren und will als Mensch hier raus!“ informiert über die repressiven Machtstrukturen des DDR-Erziehungssystems, erinnert an die jugendlichen Opfer der sozialistischen Umerziehungspraxis und thematisiert aktuelle Aufarbeitungsprozesse zur Geschichte der Heimerziehung in der frühen Bundesrepublik und in Europa.

 

Porträtraum

 

 


"Ich habe sehr viel für mich und meine zukünftige pädagogische Haltung mitnehmen können." (Studentin der Sozialen Arbeit)


 

Die Vermittlung der Geschichte der repressiven DDR-Heimerziehung mit besonderem Schwerpunkt auf dem GJWH Torgau ist von Beginn an zentraler Bestandteil der alltäglichen Arbeit in der Gedenkstätte. Mittlerweile reisen interessierte Besucher*innen-/Schüler*innengruppen aus dem gesamten Bundesgebiet an und tragen mit der Auseinandersetzung am historischen Ort dazu bei, dass Ihre Stimmen, liebe Betroffene, nicht in Vergessenheit geraten!

 

Mein_Wert_der_Freiheit_final.mp4

Schrei_nach_Freiheit_Leukersdorf.mp4 Schrei_nach_Freiheit_Torgau.mp4

 

"Der gewonnene, kleine Eindruck in dieses Stück Zeitgeschichte mit den tiefen Schnitten in Schicksale klang noch lange in uns nach."

"Liebe Betroffene, ich bin dankbar, Teil des Projekts gewesen zu sein. Innerhalb dieser drei Tage habe ich Eindrücke gesammelt, die ich ein Leben lang bei mir tragen werde. [...] Sie haben meinen vollen Respekt und es war mir eine Ehre, Ihre Erfahrungen und Geschichten hören zu dürfen."

"Der Mut der Zeitzeugen war außerordentlich beeindruckend und inspirierend. Es ist sehr wichtig, diese Erfahrungen und Erlebnisse mit der Nachwelt zu teilen und möglicherweise die gleichen Fehler zu vermeiden."

"Die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, sind sehr starke Personen und ich wünsche allen Betroffenen alles Gute in ihrem weiteren Leben!"

Stimmen von Jugendlichen


 

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